Kundenservice schafft Kundenbindung
Ein Hotel-Experte erklärt, wie kleine Dinge im Hotelgewerbe einen großen Unterschied machen
Produkte und Dienstleistungen müssen heute mehr können, als nur ein Bedürfnis befriedigen. Deshalb rät Bernd Reutemann Hoteliers und Restaurantbesitzern ihr Haus nie als bloßen Beherbergungs- und Verpflegungsbetrieb für Gäste zu betrachten. Sondern es als Marke, die sie zur Lieblingsmarke ihrer Kunden machen wollen, zu sehen. Um das zu schaffen, reiche es nicht aus, nur gemocht und respektiert zu werden. „Sie müssen bei Ihren Kunden positive Emotionen wecken“, fordert Reutemann, ehemaliger Hotelier und heutiger Unternehmensberater. Denn positive Emotionen besitzen höchste Kundenbindungskraft!
Ein Beitrag von Bernd Reutemann
Zur Person: Bernd Reutemann ist ausgebildeter Koch, studierter Betriebswirt und mehrfach ausgezeichneter Unternehmensberater. Mit seiner Schwester Gerda Reutemann führte er 15 Jahre lang erfolgreich das Bischofschloss Mindness® Hotel in Markdorf (Bodenseekreis). Die Geschwister sind nicht nur Gastgeber mit Herz und Leidenschaft, sondern auch Geschäftsführer der Hogahelden, Berater und Ideenbringer für die Hotellerie und Gastronomie. Für seine Tätigkeiten wurde Bernd Reutemann bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem als Dienstleister des Jahres Baden-Württemberg 2008, Tagungshotelier des Jahres 2012 und Top-100-Trainer Deutschland 2014.
Wer nach innen nicht glänzt, kann nach außen nicht strahlen
Täglich bringt die Werbe-Industrie neue Kampagnen an den Start. Fachleute entwerfen Slogans. Ihr Ziel: Kunden an ein Unternehmen zu binden. Doch Werbung im Hochglanzformat leistet nicht was wirklich zählt: nämlich echte Kundennähe. Es ist das tägliche Miteinander was Kunden, Mitarbeiter oder Lieferanten im Kontakt mit dem Unternehmen unmittelbar erfahren, auf das es ankommt. Eine echte Lieblingsmarke – oder auch Lovebrand – entsteht auf dem Fundament einer ehrlich gemeinten Service- und Dienstleistungskultur. Und die fängt im Unternehmen selbst an. Denn wer nach innen nicht glänzt, der kann nach außen nicht strahlen.
Die Extrameile: Das Geheimnis der kleinen Dinge
Zugegeben: Von heute auf morgen lässt sich die Absicht, kleinen Details die doch so wichtige Aufmerksamkeit zu schenken, nicht verwirklichen. Hierzu benötigen Sie ein durchgängiges System. Auch im Tagungshotel Bischofschloss von Bernd Reutemann hat man erst einen Sinn für die kleinen Gesten entwickeln müssen. Auch dort musste das Team erst lernen, die Extrameile zu gehen ohne zu wissen, ob es sich wirklich lohnt. Inzwischen – einige Auszeichnungen später – steht die Antwort fest: Ja, es lohnt sich!
4 Details, die den Unterschied machen
Es ist wirklich nichts Neues, aber deshalb kein bisschen weniger wahr: Es sind die kleinen Dinge, die den großen Unterschied machen. Sich ihrer Kraft zu bedienen, ist gar nicht so schwer. Hier ein paar Beispiele, wie Hotelier Bernd Reutemann und sein Team diese Erkenntnis in ihrem Hotel- und Gastronomiebetrieb umsetzen:
1. Versenden Sie eine handgeschriebene Dankeskarte nach einer Auftragserteilung. Das kostet vor allem den Willen, es zu tun. Der finanzielle Aufwand von weniger als einem Euro steht in keinem Verhältnis zur Wirkung beim Kunden. Er ist es nicht mehr gewohnt, Handgeschriebenes in seinem Briefkasten vorzufinden und freut sich umso mehr.
2. Stellen Sie unter das Hotelbett ein Schild mit der Aufschrift: „Machen Sie Sport oder suchen Sie etwas?“ Das ist zwar keine Sensation aber ein Überraschungsmoment, der sehr positiv wirkt und kaum Aufwand bedeutet.
3. Am Frühstücksbüfett strahlen die gekochten Eier die Gäste an. Sie sind mit einem Smiley versehen.
4. Stecken Sie in die Lunchpakete außer leckeren Sachen ein Kärtchen mit guten Wünschen für einen erfolgreichen Tag.
So einfach jede Maßnahme für sich genommen ist – in ihrer Summe verfehlen sie nie ihre Wirkung. Sie schaffen Emotion, Atmosphäre und Bindung. Für seine Serviceideen und positiven Überraschungsmomente hat das Tagungshotel Bischofschloss in der Branche inzwischen eine gewisse Berühmtheit erlangt. Diese Kleinigkeiten erzeugen Sympathie, wenn sie ehrlich gemeint sind. Und wer im Sinne einer Lieblingsmarke wahrgenommen werden will, der muss auch sympathisch sein. Denn warum sollte man jemandem sein Geld geben, den man nicht mag?
Lassen Sie Ihren Gast nicht leiden, das tun schon andere
Die Botschaft ist einfach: „Willst Du nachhaltig Erfolg haben, musst Du eine Extrameile gehen.“ Seien Sie überraschend, nehmen Sie den Begriff „Service“ wirklich ernst, denn damit gewinnen Sie als Person oder Unternehmen Sympathie. Es ist das wichtigste Kapital in einer Welt, in der Produkte und Dienstleistungen immer vergleichbarer werden. Dazu gehört vor allem, auch zu erspüren und zu erkennen, an welcher Stelle Kunden leiden oder sich langweilen. Das beginnt oft bei floskelhaften Begrüßungen, vollkommen humor- und emotionsloser Korrespondenz oder übertriebenem Bürokratismus. Die Liste der Kundenleiden ist lang. Aber sie schafft auch viele Möglichkeiten, besser zu sein als nur gut.
„Gemocht zu werden, aber gleichzeitig für inkompetent gehalten zu werden, ist genauso schlimm wie kompetent aber unsympathisch zu sein.“
– Bernd Reutemann
Was eine Lovebrand ausmacht
Gemocht zu werden aber gleichzeitig für inkompetent gehalten zu werden, ist genauso schlimm wie kompetent aber unsympathisch zu sein. Die Strategie der Lovebrand geht nur dann auf, wenn sich Kompetenz, Qualität und Sympathie zu einer Markenidentität verbinden. Gelingt das, ist eine gute Grundlage für langfristige Kunden- und Mitarbeiterbindung mit emotionalem Mehrwert geschaffen.
Sind Sie eigentlich sympathisch?
Haben Sie als Person oder Ihr Unternehmen das Zeug dazu, eine Lovebrand zu werden? Es gibt Ansätze und Strategien, die den Sympathiewert Ihrer Marke stärken. Um einzuschätzen, wie Sie sich als Akteur auf dem Markt präsentieren, hilft das Marken-Konten-Modell und das Beantworten dieser Leitfragen.
Aber denken Sie nicht nur über Ihre Außenwirkung nach, sondern wenden Sie den Blick auch nach innen. Wie schätzen Ihre Mitarbeiter Ihre Qualität als Arbeitgeber ein? Sind Sie oder ist das Unternehmen für die Angestellten eine Lovebrand oder nur Mittel zum Zweck? Überlegen Sie, an welcher Stelle Sie Ihre Kunden oder Mitarbeiter positiv überraschen können. Wie sieht Ihre Extrameile aus?
- Gestalten Sie den ersten Arbeitstag für neue Mitarbeiter als einen besonderen Tag. Führen Sie Rituale ein, wie zum Beispiel ein persönliches Begrüßungsgeschenk, oder benennen Sie einen Paten.
- Geben Sie positives Feedback.
- Auf einer Good News-Wand sammeln die Mitarbeiter und natürlich auch Sie ihre positiven Eindrücke.
- Wecken Sie die Lust, zu gewinnen.
Sympathie ist Rendite
Wer die Extrameile gutgelaunt und konsequent geht und wer Menschen positiv überrascht, festigt nicht nur Kundenbindungen, sondern bringt einen fruchtbaren Kommunikationsprozess in Gang. Mitarbeiter erhalten immer öfter positives Feedback – vom Kunden direkt und von Menschen in ihrer Umgebung, die vom Hörensagen von den Service-Besonderheiten wissen. Vor allem aber verbreitet der Gast selbst den positiven Effekt angenehmer Überraschungsmomente, indem er anderen von seinen Erlebnissen erzählt. Sie als Person oder Unternehmen werden nicht nur als sympathisch wahrgenommen, sondern wecken auch Neugierde. Das zieht mehr Gäste an und lässt sogar den Umsatz pro Kunden steigen – vorausgesetzt die Qualität stimmt.
Costumer Journey – oder: Seien Sie doch mal Ihr eigener Kunde
Prozessoptimierung klingt furchtbar hochtrabend. Aber nichts anderes bedeutet es, wenn sich Hoteliers regelmäßig in die Lage ihrer Gäste versetzen und aus deren Perspektive den Blick aufs Unternehmen richten. Das Ergebnis ist wirkungsvoller, als Kunden mit Fragebögen zu nerven. Doch Sie brauchen Einfühlungsvermögen. Wenn Sie das haben, werden Sie erkennen, wo Sie besser werden müssen. Dann können Sie die Kontaktpunkte mit Ihren Kunden positiv gestalten. Regeln und Prozesse helfen dabei. Und selbst so ein zähes Thema wie Buchhaltung kann angenehm überraschen. Zwei Beispiele aus dem Reutemann-Hotelbetrieb:
„Kunden, die innerhalb von vier Tagen die Rechnung bezahlen, erhalten eine Grußkarte als Dank für die schnelle Begleichung. Liegt das Auftragsvolumen über einer Summe von 3.500 Euro, schicken wir dem Kunden sieben Tage nach der Abwicklung einen Apfelkuchen ins Büro. Der Aufwand entspricht höchstens zwei Prozent vom Umsatz. Aber wir vertiefen die Bindung an dieser Stelle und schaffen eine besonders positive Erfahrung für den Kunden.“
Diese Beispiele verdeutlichen einmal mehr das Prinzip der kleinen Dinge: Modellieren Sie die Kontaktpunkte bewusst, das bringt Sympathie. Gestalten Sie Ihre Prozesse klar und verbindlich. Optimieren Sie Ihre Prozesse immer weiter und bleiben Sie nie stehen. Rennen muss nur der, der zu spät startet.